BNN Artikel zum Job-Turbo im Landkreis Rastatt
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BNN Artikel vom 02.05.2024; Von Ralf Joachim Kraft
An der Versammlung in Rastatt nahmen neben Gästen aus Politik und Wirtschaft auch zwei Frauen aus der Ukraine teil, die derzeit im Klinikum Mittelbaden ein Anerkennungspraktikum zur Krankenschwester absolvieren. Seit dem Start des „Turbo zur Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten“ am 18. Oktober 2023 sind etwa sechs Monate vergangen. Arbeitsagentur und Jobcenter bemerkten jedoch, dass der Übergang von Arbeitslosigkeit in Beschäftigung trotz positiver Entwicklungen nur teils erfolgreich ist. Ziel sei es, die Menschen in Arbeit zu bringen, selbst wenn die Sprachkenntnisse noch nicht vollständig ausgebaut sind.
Trotz gesteigerter Bemühungen und verstärkter Kontakte zu Geflüchteten und Arbeitgebern bleibt die Integration in den Arbeitsmarkt und die Gesellschaft eine Herausforderung. Es besteht das Problem, dass die angestrebten Sprachziele nicht immer erreicht werden. Integrationskurse werden häufig verlängert, da die Sprachkenntnisse nicht ausreichen. Einige Geflüchtete zeigen den Ausführungen zufolge auch wenig Motivation zur Arbeit, möglicherweise aufgrund der Option einer Rückkehr in die Ukraine oder der mangelnden Bereitschaft, einfachere Jobs als im Heimatland anzunehmen. Andererseits zögern Unternehmen, Mitarbeiter mit geringen Sprachkenntnissen und Qualifikationsdefiziten einzustellen.
Um diese Herausforderungen zu bewältigen, sind Unternehmen gefragt, die bereit sind, Geflüchtete mit Grundkenntnissen in Deutsch einzustellen. Es bedarf, wie es hieß, einer verstärkten Zusammenarbeit der Sozialpartner und der Bereitschaft der Geflüchteten, Arbeit anzunehmen und zugleich ihre Sprachkenntnisse zu verbessern.
Nach dem Austausch in Rastatt zeigten sich alle Teilnehmer zufrieden mit den Ergebnissen. Es wurde angemerkt, dass noch stärker auf die Arbeitgeber zugegangen werden müsse. Während das Jobcenter in Sachen Job-Turbo sehr aktiv sei, könnte die Handwerkskammer etwas aktiver werden, hieß es. Bürokratische Hürden wurden ebenfalls angesprochen, die oft schnelle Reaktionen verhindern. Ein Teilnehmer meinte, dass man in konkreten Einzelfällen mehr miteinander reden und sich stärker vernetzen müsse. Bevor man in den Flüchtlingen gleich die Fachkräfte sieht, sei es wichtig zu wissen, dass sie oft mit Traumata nach Deutschland kommen. Die Sprache sei für sie sicher nicht das einzige Problem. Eine Mitarbeiterin des Klinikums Mittelbaden (KMB) nannte den Fachkräftemangel und das Binden und Gewinnen von ausländischem Fachpersonal als die aktuell größten Herausforderungen. Als positive Beispiele für gelingende Integration berichteten die beiden Ukrainerinnen Irina Kravchenko und Viktoriia Havrylik über Spracherwerb, Berufseinstieg und die Anerkennung ihrer ukrainischen Ausbildung. Beide arbeiteten in der Ukraine viele Jahre als Krankenschwestern und absolvieren aktuell am KMB ein Anerkennungspraktikum zum Erwerb ihres deutschen Diploms.
„Anders als in unserer Heimat, betreuen wir hier die Menschen auch pflegerisch“, sagte Havrylik. „In der Ukraine waren wir nur im medizinischen Bereich eingesetzt.“ Kravchenko unterstrich: „Ich kann mich bei der Arbeit sprachlich eher verbessern als in einem Sprachkurs, in dem nur wenig gesprochen wird“. Dass Familie, Beruf und Spracherwerb oft schwer zu vereinbaren sind und der Konversations- Anteil in den Kursen gemäß den BAMF-Vorgaben gering ist, bestätigte die Geschäftsführerin eines Sprachkursträgers.
Rastatts OB Monika Müller (SPD) brachte mehr „Sprachkurse mit Kinderbetreuung“ ins Gespräch. Kreissozialdezernent Jürgen Ernst mahnte, dass bei der Unterbringung der Kinder mehr passieren müsse. Landrat Christian Dusch (CDU) empfahl, sich von der Erwartung freizumachen, der Job-Turbo würde schon nach wenigen Monaten greifen. „Das braucht Zeit. Es wäre unrealistisch zu glauben, dass sofort die passenden Personen zur Verfügung stehen.“
Mit dem Start der Initiative sei der richtige Weg eingeschlagen worden. Jobcenter- Geschäftsführer Jürgen Walke sprach von einem breiten Schulterschluss aller Beteiligten. „Uns allen ist klar, welche großen Aufgaben wir vor uns haben. Doch wir arbeiten mit Engagement und Herzblut an diesem Thema.