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„Job-Turbo“ bringt Geflüchtete in Lohn und Brot Das Jobcenter führt potenzielle Arbeitgeber und Flüchtlinge zusammen – viele von ihnen sind motiviert

Ein Beitrag von BNN / Ulrich Philipp vom 07.03.2024

Baden-Baden. Immer mehr Geflüchtete im Raum Baden-Baden und Rastatt werden in den Arbeitsmarkt integriert. Das hat das Jobcenter der Kurstadt am Montag in einem Pressegespräch mitgeteilt.
Im vergangenen Jahr 2023 haben insgesamt 160 Menschen aus der Ukraine einen Arbeitsplatz gefunden, zehn weitere haben eine Ausbildung begonnen. Und 60 Geflüchtete konnten in einen
Minijob vermittelt werden.

 

Der sogenannte „Job-Turbo“, den Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) im vergangenen Jahr auf Bundesebene gezündet hat, entfaltet demnach langsam, aber stetig seine Wirkung. Das Ziel des Projektes ist auch angesichts des herrschenden Fachkräftemangels die schnellere Integration von Geflüchteten in den deutschen Arbeitsmarkt.

„Wir spüren eine große Motivation, das Interesse der Geflüchteten an einem Arbeitsplatz ist groß“, erklärte der Geschäftsführer des Jobcenters des Landkreises Rastatt, Jürgen Walke. So gab es Ende Januar Aktionstage, bei denen sich die Bewerber an zehn Informationsständen schlau machen und gleich Stellenangebote mitnehmen konnten. Am Donnerstag, 20. März, wird es im Jobcenter Rastatt eine ähnliche Veranstaltung geben, bei der sich arbeitswillige und -fähige Geflüchtete mit potenziellen Arbeitgebern treffen können, „damit der Kontakt nicht nur im virtuellen Raum stattfindet“, sagte Jürgen Walke.

Organisiert wird die Veranstaltung unter anderem von Lisa Haab, der Sonderbeauftragten für die Integration von Geflüchteten. Dabei bekommen die Arbeitssuchenden unter anderem auch Tipps, wie sie auf dem Arbeitsmarkt schneller Fuß fassen können. Walke betonte: „Arbeit ist mehr als Geld verdienen. Sie bedeutet vielmehr auch Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.“

Für Geflüchtete aus der Ukraine ist diese Teilhabe insofern vergleichsweise einfach umzusetzen, als dass 70 Prozent dieser Menschen entweder ein Studium oder eine Ausbildung abgeschlossen haben, bevor sie nach Deutschland gekommen sind. Sie müssen zwar auch noch die Sprachprüfungen meistern, haben dann aber gute Chancen, eine Stelle zu finden, die ihren Kompetenzen entspricht.
Die Anerkennung ihrer Zeugnisse und Diplome durch die entsprechenden Stellen dauert dann in der Regel noch etwa zwei bis drei, manchmal auch bis zu sechs Monate. Bei Geflüchteten aus den acht häufigsten Herkunftsländern Syrien, Afghanistan, Nigeria, Pakistan, Iran, Irak, Somalia und Eritrea gestaltet sich die Arbeitsaufnahme allerdings schwieriger. Nur etwa 30 Prozent dieser Menschen konnten in ihrer Heimat eine Ausbildung absolvieren oder ein Studium abschließen. „Bei vielen von ihnen haben wir es mit Analphabetismus zu tun“, erklärte der Pressesprecher der Agentur für Arbeit Karlsruhe-Rastatt, Benjamin Gondro.

Dennoch ist es bereits gelungen, 70 Prozent der erwerbsfähigen Menschen auch aus diesem Personenkreis in Lohn und Brot zu bringen. Insgesamt stehen im Raum Karlsruhe, Rastatt und Baden-Baden 3.700 geflüchtete Menschen für den Arbeitsmarkt zur Verfügung, das unterstrich Bereichsleiter Stefan Faust. Einer von ihnen ist Erwin Shlaku aus Khus in der Ukraine. Er war bereits vor dem Krieg in seiner Heimat jahrelang als Maler und Lackierer beschäftigt und hat inzwischen auch in seiner neuen Heimat einen Arbeitsplatz gefunden. Bei dem Gernsbacher Malerservice Drews wurde er als Facharbeiter eingestellt und lernt in seiner Freizeit Deutsch. Seine Ehefrau Yevheniia ist, was die Sprachkenntnisse betrifft, schon weiter. Sie legt in wenigen Tagen ihre B1-Prüfung ab. Danach möchte sie versuchen, einen Ausbildungsplatz zur Zahnarzthelferin zu finden. Tochter Nikoletta spricht schon sehr gut Deutsch. Sie plant, eine Ausbildung zur Kauffrau zu absolvieren. Ein Unternehmen hat ihr bereits eine Zusage gegeben, im September wird Nikoletta ihre Stelle antreten. Ihr Vater Erwin sagte im Gespräch mit dieser Redaktion, er möchte dem Betrieb, der ihn eingestellt hat, nützlich sein. Es sei ihm wichtig, die Qualitätsstandards in seinem Beruf einzuhalten. Das dürfte ganz im Sinne seines Chefs Axel Drews sein, der das Traditionsunternehmen in zweiter Generation leitet. „Ich habe eine soziale Ader“, führt Drews aus, etwa 70 Prozent seiner 25 Mitarbeiter haben Migrationshintergrund. Außerdem beschäftigt er auch zwei gehörlose Menschen, auch mit ihnen hat er gute Erfahrungen gemacht. „Sie können von den Lippen ablesen, die Kommunikation funktioniert gut“, sagt Drews.

 

Erwin Shlaku aus der Ukraine (links) arbeitet im Betrieb von Axel Drews. Foto: Ulrich Philipp